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Mich hat eine Frage nach dem Bibelkommentar Kingcomments erreicht. Ob ich den Kommentar kennen würde. „Klingt erstmal gut, aber es fehlen Belege oder Quellen.“ Meine Antwort ist etwas größer ausgefallen, als ich erst gedacht hatte, daher möchte ich sie hier festhalten.

Den Kingcomments Kommentar kannte ich bisher nicht. Meistens nutze ich Kommentare, die ich in meiner Bibelsoftware Logos besitze. Die fehlenden Quellen-Angaben sind schade, aber vermutlich nicht unüblich. Zumindest wenn es sich nicht um einen akademischen Kommentar handelt. In meinen Predigten gebe ich auch nicht alle meine Quellen an. Die Vertrauenswürdigkeit hängt in dem Fall erstmal stark an der Person. Ich kenne den Autor Ger de Koning nicht.

Für eine grobe Einschätzung, habe ich mir stichprobenartig ein paar Stellen angeschaut. Zwei thematische Seiten und drei Bibelstellen.

  • Zusammenfassender Überblick über zukünftige Ereignisse – über die Offenbarung und Endzeit. Er ist sich wohl sicher, dass einige der Ereignisse mit gerade existierenden Staaten (Israel, Russland, etc) und Organisationen (die EU) zu tun haben. Das kann ich mir nicht vorstellen und halte ich eher für wenig vertrauenswürdig. Die Offenbarung wurde für Menschen geschrieben, die entweder in den Jahren 60-70 n.Chr. oder etwa 95 n.Chr. gelebt haben. Wie sollen die den Brief von Johannes verstanden haben, wenn es sich in den Aussagen um die EU oder Russland handelt?
  • Achtung! Angriff auf unsere (Enkel-)Kinder. Sein Verständnis der Endzeit geht davon aus, dass bis zum Ende alles in der Welt immer schlimmer wird. Diese Ansicht ist nicht selten unter Christen, aber es ist auch nicht einzige Möglichkeit, die Offenbarung zu verstehen. Eine andere Ansicht ist, dass bis Jesus wiederkommt, alles immer besser wird. Ich teile beide Ansichten nicht und denke, dass sich Gutes und Böses die Waage hält, bis Jesus wiederkommt. Abgesehen davon empfinde ich seinen Ton wenig liebevoll, selbst wenn er über Dinge schreibt, die nicht biblisch sind. Die Urknall-Theorie wurde meines Wissens von einem katholischen Mönch entwickelt – das als Waffe des Satans zu bezeichnen würde ich zumindest anzweifeln.
  • Markus 11,23. Der Kommentar weist aus meiner Sicht korrekt darauf hin, dass es sich um einen bestimmten Berg handelt. Jesus geht mit seinen Jüngern auf den Tempelberg zu und soweit ich die Stelle verstehe, meint er genau diesen Tempelberg. Ähnlich wie der Kommentar beschreibt, glaube ich, dass er damit das jüdische System meint. Durch Jesus ist der Tempel und das Opfersystem des Tempels nicht mehr relevant. Ein Dozent von mir sieht in diesem Abschnitt die Ankündigung der Zerstörung des Tempels. So gesehen eine Prophetie, die im Jahr 70 mit der Eroberung Jerusalems durch die Römer in Erfüllung gegangen ist. Abgesehen davon spricht der Kommentar von einem Völkermeer – was auch immer damit gemeint ist.
  • 1 Petrus 3,18f beschreibt die sogenannte Höllenfahrt von Jesus. Der Kommentar beschreibt eine mögliche Auslegung, die ich schon an anderer Stelle gehört habe. Mir sind allerdings noch drei andere mögliche Auslegungen bekannt. Die werden hier gar nicht erklärt oder zumindest darauf hingewiesen, dass andere Ausleger diese Stelle anders verstehen. Das finde ich etwas schade.
  • 1 Korinther 11 über die Kopfbedeckung der Frau. Dort finde ich spannend, dass die Kultur der Empfänger des Briefes überhaupt nicht beachtet wird. Was bedeuteten die rasierten Köpfe in Korinth? Abgesehen davon gibt es zu den Korintherbriefen eine Zitattheorie, die auch von bibeltreuen Theologen vertreten wird. Es kann durchaus sein, dass Paulus immer wieder Aussagen und Fragen der Korinther zitiert und anschließend darauf antwortet.

Zusammenfassend ergibt sich für mich, dass ich diesem Kommentar nicht die Deutungshoheit über mein Bibelverständnis anvertraue. Es gibt bestimmt überwiegend gute und hilfreiche Passagen, Hinweise und Anregungen in dem Kommentar. Allerdings finde ich diese vermutlich genauso in anderen Kommentaren, die mir grundsätzlich vertrauenswürdiger erscheinen.

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